Grenzgebiet

Nur wer Grenzen überschreitet, schafft neue Verbindungen.
— Thomas Möginger

08.02.2025

In Kisoro legen wir einen Ruhetag ein. Wäsche waschen, Visum organisieren, einkaufen und kleine Fahrradreparatur muss ja auch mal sein.

Neben all dem Organisatorischen finden wir dennoch auch noch Zeit für einen kleinen Ausflug. Dafür engagieren wir Emma, der uns mit seinem Fahrrad vorausfährt. Wir folgen ihm mit unseren Rädern, zur Abwechslung mal ohne all unser Gepäck. Wir besteigen einen kleinen schlafenden Vulkan.

Auf den ersten Blick gar nicht erkennbar, dass es sich bei dieser Erhebung, auf der rundherum Ackerbau betrieben wird, um einen Vulkan handelt.

Für die lokale Bevölkerung sei es ein Ort des Gebets, wird uns erzählt. Dabei laufen sie im Kreise um den Krater. Tatsächlich sehen wir betende Menschen. Von oben schauen wir in den Krater. Und auf die umliegenden Berge in der Ferne, das Virunga Gebirge. Eine Bergkette von Vulkanen, die sich nicht nur über Uganda, sondern im Dreiländereck auch über Ruanda und vor allem den Kongo erstreckt. Wie gerne würde ich doch den kongolesischen Virunga Nationalpark besuchen! Doch dies wird uns aufgrund der Sicherheitslage im Osten Kongos leider verwehrt bleiben. Es mutet nur schon komisch an, in der Ferne ein Gebiet zu sehen, wo Krieg herrscht.

Am nächsten Tag fahren wir zur Grenze nach Ruanda.

Auf dem Weg dorthin fährt uns ein Auto mit grosser Aufschrift "Tour d'Afrique" entgegen. Es ist das Auto, das den Fahrradfahrenden der organisierten Fahrrad-Tour durch Afrika folgt. Im Vorfeld habe ich mir auch mal überlegt, einen Teil mit ihnen mitzufahren. Ich bin nun aber froh, auf eigene Faust unterwegs zu sein und alle Freiheiten zu geniessen. Wenn mir schon von politischen Lagen immer mal wieder Grenzen gesetzt werden, dann wenigstens nicht auch noch von einer Organisation.

An der Landesgrenze wird uns befohlen, unser Gepäck vom Fahrrad zu nehmen und durch einen Gepäck-Scanner durchzulassen. Ich lasse meine Rahmentasche am Fahrrad. Niemanden interessiert das. Dies zeigt, was für eine Alibi-Übung hier veranstaltet wird. Von einem Beamten werden wir mit ernster Miene gefragt, wo wir denn hinwollen. Wo wir die nächsten Nächte übernachten wollen. Wir schauen nach, wie der geplante Campingplatz für heute Abend heisst und suchen auf Google Maps nach irgendeinem Hotel in Kigali, das wir auch noch angeben. Solche Grenzkontrollen sind gar nicht auf Individualreisende mit rollender Planung, wie wir es sind, ausgerichtet. Es wird komischerweise davon ausgegangen, dass man die ganze Zeit in einem Land am selben Ort verbringt oder zumindest schon alle Unterkünfte gebucht hat. Auch fragt er uns, ob wir ein Paar seien. Was spielt das denn für eine Rolle? Doch obwohl wir nicht nur physisch, sondern langsam auch mit unserer Geduld an der Grenze sind, antworten wir brav. Bleibt uns ja nichts anderes übrig, um nicht unnötig Probleme zu bekommen. Der Wichtigtuer hinter dem Tresen notiert sich alles irgendwo.

In unseren Augen ziemlich sinnlos, grenzwertig dieses ganze Prozedere.

Wer weiss, was mit diesen Notizen nach unserer Weiterfahrt geschieht? Kaum über der Grenze ist irgendwie ein anderer Groove zu spüren. Vielleicht liegt es daran, dass hier, anstelle der vielen Motorräder in Uganda, Fahrräder auf der Strasse unterwegs sind. Oder daran, dass überhaupt kein Müll am Strassenrand zu sehen ist. Alles ist sehr sauber. Deshalb und aufgrund seiner Berge wird Ruanda gar auch "Afrikas Schweiz" genannt. Wohl etwas schmeichelhaft. Doch bemerkenswert: Bereits seit 2008 herrscht in Ruanda ein Plastiktütenverbot und in der Schule werden die Menschen systematisch für Umweltschutz sensibilisiert. Wir müssen froh sein, durften wir überhaupt unsere Plastiksäcke mit ins Land nehmen, bieten sie in unseren Taschen doch zusätzlichen Schutz vor Nässe. Plastikverbot und Sensibilisierung für Umweltschutz in Afrika - würde man gar nicht denken..

Da entspricht das Frachtvolumen, welches wir kurz nach der Grenze auf einem Fahrrad sehen, ein Tisch mit sechs Stühlen und drei Kanistern, schon viel eher den gängigen Klischees dieses Kontinents.

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