Korruption

Macht macht Korruption erst möglich.
— Monika Kühn-Görg

04.02.2025

Bereits die Wanderung durch das Dickicht des Regenwaldes ist ein Spektakel.

Nach rund eineinhalb Stunden Fussmarsch sehen wir sie - die Berg-Gorillas!

Rund die Hälfte des weltweiten Bestandes ist hier im Bwindi-Nationalpark zu finden, 459 Tiere werden gezählt und 25 Familien sind "habituiert", das heisst so an Menschen gewohnt, dass man sie besuchen kann.

Wir hätten grosses Glück, meinen unsere Guides, gleich zwei Gruppen mit je einem Silberrücken zu sehen.

Die beiden Silberrücken seien Brüder, die zwei Gruppen seien mal eine einzige Gruppe gewesen, bis sie sich aufgetrennt hätten. Nach wie vor kämen sie manchmal wieder zusammen, allerdings nur zwei bis dreimal im Jahr für ein paar Tage, gehen anschliessend wieder getrennte Wege. Wir beobachten. Ein Gorillaweibchen legt sich nur drei Meter hinter uns gemütlich auf einen am Boden liegenden Ast. Eigentlich wurde uns vorgängig eingebläut, immer mindestens zehn Meter Abstand zu halten. Doch was will man machen, wenn die Affen selber näherkommen, und man plötzlich mittendrin ist?

Sie frisst Blätter und spielt mit ihren Lippen.

Augenfällig, wie ähnlich sie uns nicht nur optisch, sondern auch vom Verhalten und ihren Bewegungen her sind. Allerdings: Lautes Furzen ist offenbar nicht so verpönt wie bei uns Menschen. Sie lässt sich jedenfalls nach einem eindeutigen Geräusch keinerlei Schamgefühle anmerken, während in unserer Touristengruppe kurz Lächeln aufkommt.

Auf der anderen Seite ein Silberrücken, zeigt uns sein silbernes Haar.

Eindrücklich, wie gross und kräftig er ist. Eine imposante Erscheinung, selbst wenn er weiter unten im Gras sitzt.

Andere Gruppenmitglieder spielen im Gras und auf den Bäumen.

Ein Baby-Gorilla trommelt mit den Fäusten auf den Bauch seines auf dem Rücken liegenden Vaters, der andere Silberrücken.

Dieser lässt sich nicht aus der Ruhe bringen.

Man fühlt sich ein bisschen wie Dian Fossy mit ihren "Gorillas im Nebel", die allerdings im Kongo war. Eine Kindheitserinnerung. Rund eine Stunde lang darf man bei den Gorillas bleiben, dann muss man wieder zurück. So wollen es die Regeln zum Schutz dieser Tiere. Diese Stunde vergeht viel zu schnell.

Doch, wie sind wir überhaupt zu dieser Stunde gekommen?

Wir hatten doch im Vorfeld kein Trekking gebucht, obwohl einem gesagt wird, dass man Monate, besser mindestens ein halbes Jahr, im Voraus buchen sollte, um eine der limitierten Permits zu erhalten?

Die Kontaktaufnahme mit der in Kampala für die Permits zuständigen Person erwies sich als Sackgasse. Am Freitag für am Montag anzufragen war definitiv zu spät. Immerhin gab es doch eine Antwort: Über das Wochenende werde nicht gearbeitet. So haben wir unseren Wunsch für ein Trekking am Montag, zusammen mit Sam und Anja, gleich bei Ankunft auf dem Campingplatz auch der dortigen Managerin gesteckt. Sie meinte, sie könne da vielleicht etwas tun. Tatsächlich kommt sie einen Tag später auf uns zu und meint, jemand möchte seine zwei Permits genau für am Montag weiterverkaufen. Wir fragen, ob wir direkt mit diesen Personen verhandeln dürfen. Sie meint, nein, es sei ein Reiseveranstalter, der die Bewilligungen von zwei seiner Touristen zurückerhalten habe. Er möchte keinen Kontakt und 800 Dollar, der ursprüngliche Preis, sei nicht verhandelbar. Auch die Frage, ob wir mit Kreditkarte bezahlen dürfen, wie man es auch macht, wenn man die Bewilligung im Voraus in Kampala beantragt, verneint sie. Wir haben nicht genügend Bargeld und müssten mit einem Boda-boda eine Stunde zum nächsten Geldautomaten fahren. Unklar, ob es da dann auch wirklich genügend Geld im Automaten hat. Doch nicht nur wegen diesen Unsicherheiten habe ich irgendwie ein komisches, ungutes Gefühl. Trotzdem willigen wir ein. Mit dem Boda-boda-Fahrer beim Geldautomaten angekommen, müssen wir beide viermal den maximal möglichen Betrag rauslassen. Die Bankomaten hier sind gar nicht auf so grosse Beträge ausgelegt. Wir müssen zwei verschiedene Automaten abklappern. Es klappt. Wir fühlen uns wie Millionäre. Und sind es auch, jedenfalls in ugandischen Schillings. Mit je fast drei Millionen Schillings und absurd vollen Taschen kehren wir zurück.

Wir geben das Geld der Managerin.

Die zählt es freudig. Ihr Lachen wird immer breiter. In der Zwischenzeit beginnt es zu regnen. Als sie es fertig gezählt hat, bietet sie uns an, für die übrigen zwei Nächte kostenlos in einer der Lodges zu übernachten. Auch Anja und Sam kommen zum Handkuss.

Da dämmert es mir plötzlich. Es fällt mir wie Schuppen von den Augen.

Die komische Geschichte mit dem Guide. Alles unbedingt in Cash. Ihre grosse Freude. Ihr Angebot der Lodges. Das Geld wird wohl höchstens zu einem kleinen Teil bei weiteren Involvierten ankommen, aber sicher nicht in Kampala. Eine Bestätigung für diesen Verdacht liefert uns der Umstand, dass wir nie ein schriftliches Permit auf Papier erhalten, wie es Anja und Sam vorzeigen können. Wir können uns nur damit trösten, dass man auch über den offiziellen Weg nicht genau weiss, was mit dem Geld passiert. Wenn man sich überlegt, was das für eine Geldmaschinerie ist: An vier Orten werden täglich je 80 Personen auf ein Trekking gelassen. Jede Person bezahlt 800 Dollar. Klar, der Schutz des Regenwaldes und die Arbeit der Guides und allen weiteren Personen rund um das Trekking kostet Geld. Doch rund eine Viertel-Million US-Dollar jeden Tag - wohin genau geht all dieses Geld? "Gorilla-Geld im Nebel", könnte man sagen. Wir versuchen, uns von der vermuteten Korruption nicht das tolle Erlebnis mit diesen interessanten Kreaturen vermiesen zu lassen.

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